Beim Blues lösen sich alle Blockaden

Susanne Yvette Walter |  

Es gibt keinen freien Sitzplatz mehr am Donnerstagabend auf dem Bietigheimer Marktplatz. Stehplätze sind schon rar, wenn man niemand die freie Sicht auf „Ihn“ versperren will. Unter den Marktplatzarkaden haucht „the voice of London“ rituelle Botschaften ins Mikrophon. Eddy’s Blue Band bringt den Blues in die Altstadt, gechillt, wie man heute sagt, gediegen und gepflegt.

Schon jetzt halten die Sommerkonzerte unter den Marktplatzarkaden, was sie versprechen: zurücklehnen, die Beine übereinander schlagen und live Musik geniessen, die man vielleicht schon fast vergessen hat. Blues flammt auf in einschlägigen Gitarrenriffs, und ein Urgestein erscheint: Eddy, der Kopf von Fast Eddy‘s Blue Band.

Es ist einer, der den Blues verkörpert, durch und durch. Gleich lösen sich alle Blockaden. Die Last des Alltags, Hektik und Stress flüchten bei so viel markanter Bühnenpräsenz schnell die Fußgängerzone hinunter. Schon sind die Köpfe frei für einen, der seit Jahrzehnten die Ruhe im Blues findet, die bekannten Schemen neu bespielt und individuell ausbaut, wie ein Winzer den Wein, und die Traditionen neu mit der Gegenwart verbindet.

Blues ist bekanntlich ein weites Feld, und die Eddy‘s Blue Band geht ins Detail und schöpft die Vielfalt aus. Immer stecken Botschaften im Herzen der einschlägigen Schemen und der daraus wachsenden Melodien, die sich über dem Bluesschema winden und biegen. Immer dazu geeignet, die Seele aus ihrem Alltagskorsett zu lösen und den ganzen Menschen zu lockern.

Lebende Legende

Kinder tanzen vor der Bühne und sind gleich auf Du und Du mit Eddy Wilkinson, den man nicht umsonst „die Stimme Londons“ nennt, denn seine Bluesröhre ist Legende. Außerdem geht er gern auf Tuchfühlung mit seinem Publikum und bezaubert es mit seiner Mission. Soul, Rhythm and Blues kommen dazu, eine Prise Funk, und schon wabert der Bass, und die ganze Band fängt an zu beben. Die Menge geht mit und der Marktplatz pulsiert für Momente.

Der Londoner Bluessänger rangiert unter den lebenden Legenden, und das nicht ohne Grund. Die Melange aus Blues, Bluesrock, Soul und einigem mehr, was locker macht, ist die Basis für seine einzigartige Röhre, die Magnetwirkung hat. Seelenmusik trifft auf Seelenverwandte, sei es auf oder vor der Bühne. Dazu kommen die Geschichten, die der Weitgereiste mitbringt. Humor hat er und jede Menge Möglichkeiten, sich lautmalerisch auszudrücken und die Musik sprechen zu lassen.

Natürlich hält Eddy Wilkinson das Erbe der Großen lebendig in Form einer Homage an zum Beispiel B.B. King, Stevie Ray Vaughan, Johnny Winter, Willy Dixon oder Muddy Waters. Es ist zwar Musik für Kenner und Liebhaber, die den Marktplatz erobert, und doch kann sich auch der von ihr forttragen lassen, der keine Vorkenntnisse hat.

Eddy Wilkinson switcht zwischen Covers und eigenen Songs. Es werden wohl im Laufe seiner Tourneen immer mehr eigene Kreationen, die von einschlägigen Vorläufern geprägt sind. Jimmy Reed gehört dazu, ebenso wie „the Fabulous Thunderbirds“, Joe Cocker, Marvin Gaye oder Wilson Picket.

Auch in Australien zuhause

Eddys eigene Songs greifen sein Leben auf und bringen amerikanischen Lifestyle ins Spiel. Traditionen begegnen dabei dem Heute. Auch in Australien ist die Bluesrock-Röhre zu Hause und hat viel zu erzählen. Und immer wieder kommt Eddy Wilkinson nach Deutschland, um den Blues genau da aufflackern zu lassen, wo die Menschen leben, zum Beispiel in der Fußgängerzone von Bietigheim.

Hier ist er genauso präsent wie etwa in Montreux beim legendären Jazz Festival.